Giorgio Contini übernimmt das Ruder beim BSC Young Boys: Eine sichere Wette oder ein mutiger Neuaufbau?

Geschrieben von: Christoph Huber
22 July 2025 12:07
Giorgio Contini übernimmt das Ruder beim BSC Young Boys: Eine sichere Wette oder ein mutiger Neuaufbau?

Der BSC Young Boys hat Giorgio Contini zum neuen Cheftrainer ernannt und damit Raphaël Wicky nach einer etwas turbulenten Saison abgelöst. Der Berner Klub, der als eines der Aushängeschilder des Schweizer Fußballs gilt, setzt damit auf einen der erfahrensten Trainer des Landes.

Aber ist Contini der richtige Mann, um den Verein weiterzubringen – oder einfach nur der bekannteste?

Ein Trainer, der den Schweizer Fussball in- und auswendig kennt

Giorgio Contini ist außerhalb der Schweiz kein großer Name, aber innerhalb des Landes ist er sehr angesehen. Er hält den Rekord für die meisten Spiele, die er in der Schweizer Super League seit deren Gründung im Jahr 2003 geleitet hat. Nach Stationen bei Lausanne-Sport, dem FC St. Gallen, Vaduz und zuletzt als Assistent in der Nationalmannschaft ist Contini eine feste, wenn auch unauffällige Größe in der Schweizer Trainerlandschaft.

Mit seinen 50 Jahren ist er nicht der jüngste Trainer der Welt. Aber er ist bekannt für Disziplin, taktischen Pragmatismus und ein klares Gespür dafür, wie man eine Mannschaft langfristig aufbauen kann. Er ist nicht für dramatische Umbauten bekannt, sondern eher dafür, dass er das Beste aus dem herausholt, was ihm zur Verfügung steht.

Ein entscheidender Moment für die Young Boys

Diese Ernennung kommt für die Young Boys zu einem entscheidenden Zeitpunkt. Nachdem sie den Schweizer Fussball mehrere Jahre lang dominiert haben, sind sie nun in einer stärker umkämpften nationalen Szene zu finden. Servette, Lugano und Basel haben allesamt Anzeichen für einen Aufschwung gezeigt, während die Leistungen des Vereins in den letzten Jahren in den europäischen Wettbewerben eher enttäuschend waren.

Continis Aufgabe besteht nicht nur darin, die Liga zu gewinnen, sondern auch die Identität, die Disziplin und die langfristige Planung in einem Verein wiederherzustellen, der Gefahr läuft, reaktiv zu werden. Die Young Boys können sich nicht mehr nur auf ihre finanzielle Stärke und den Heimvorteil des Wankdorfs verlassen. Sie brauchen Struktur. Sie brauchen einen Neustart.

Und genau dafür ist Contini bekannt.

Stil statt Glanz?

Um es klar zu sagen: Giorgio Contini kommt nicht mit dem Versprechen von glamourösem Offensivfussball. Er ist ein Mann des Systems. Ein Trainer, der auf Form, defensives Gleichgewicht und klare Rollenverteilung setzt. Das mag nicht jeden auf der Tribüne begeistern, aber für einen Verein, der in den letzten Monaten unter Inkonsequenz gelitten hat, könnte es genau das sein, was er braucht.

Seine Teams sind für ihre Widerstandsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit bekannt. Sie sind zwar nicht immer spektakulär, aber sie brechen selten zusammen – eine Eigenschaft, die den Young Boys in den entscheidenden Spielen der letzten Saison fehlte.

Dennoch werden Fragen bleiben. Kann Contini zum ersten Mal in seiner Karriere mit dem Druck eines großen Vereins umgehen? Kann er die Art von Spielern verpflichten, die die Young Boys in Europa weiterbringen? Und kann er seine taktischen Ideen einer Mannschaft aufzwingen, die sich daran gewöhnt hat, die dominierende Mannschaft zu sein?

Kontinuität oder Kompromiss?

Einige Fans sehen in der Ernennung Continis eine sichere, ja sogar konservative Wahl. Es gab Gerüchte, dass weitere hochkarätige Namen – auch aus dem Ausland – angefragt wurden. Stattdessen hat sich der Verein für eine ruhige Hand entschieden. Das mag klug sein oder auf einen Mangel an langfristiger Vision auf Vorstandsebene hindeuten.

Die Zeit wird zeigen, ob es bei diesem Schritt darum ging, das Schiff zu stabilisieren, oder ob der Ehrgeiz fehlte, sich wirklich weiterzuentwickeln.

Was als nächstes zu erwarten ist

Continis erste Aufgabe wird die Saisonvorbereitung und die Personalbeschaffung sein. Die Young Boys verfügen immer noch über einen der talentiertesten Kader des Landes, aber einige Schlüsselspieler könnten abwandern. Die ersten Monate werden davon geprägt sein, ob es ihm gelingt, seine besten Kräfte zu halten und intelligente Verstärkungen zu finden.

Außerdem wird er sofort unter Druck stehen, Ergebnisse zu erzielen – nicht nur in der Super League, sondern auch in Europa. Die Young Boys wollen in die Gruppenphase, nicht in die Qualifikationsrunde. Und dafür muss Contini beweisen, dass er mehr als nur die heimischen Routinen beherrscht.

Abschließende Überlegungen

Für einen Verein, der am Scheideweg steht, ist Giorgio Contini vielleicht nicht die mutigste Ernennung – aber er könnte die sinnvollste sein. Er kennt die Liga. Er kennt die Kultur. Und jetzt hat er endlich die Mittel, um zu zeigen, was er an der Spitze leisten kann.

Ob es nun mit Trophäen oder einem Wechsel endet, seine Zeit bei den Young Boys wird den Weg des Vereins – und sein eigenes Vermächtnis – in den kommenden Jahren bestimmen.

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